Ruhe in Frieden, Ozzy Osbourne
Ozzy Osbourne ist von uns gegangen. Er wurde 76 Jahre alt.
Ich glaube, die letzten fünfzig Jahre seines Lebens verstand er selbst nicht, warum er noch am Leben war. Es widersprach jeder Logik. Mir scheint, er ist in dieser Zeit sogar mehrmals gestorben, aber am Morgen hat er einfach am letzten Speicherpunkt weitergemacht; er hatte dieses Privileg. Warum er es hatte, wer es ihm gegeben hat? Gott weiß es.
Ohne eine gute, bezahlte medizinische Versorgung in Kalifornien ging es natürlich auch nicht. Aber vielen anderen hat sie seltsamerweise nicht geholfen. Also, Gott weiß es – und Gott sei Dank.
Ozzy hatte als irgendein absurdes Steinchen das Getriebe zwischen Leben und Tod blockiert und verhinderte, dass es sich drehte – er bremste nicht nur seinen eigenen Tod, sondern vielleicht sogar den Dritten Weltkrieg.
Ich habe Ozzy Osbourne sehr geliebt.
Als ich 13 war, entdeckte ich das Album Ozzmosis und erklärte damals völlig ernsthaft, dass meine Beerdigung unbedingt zu Ozzys Song Perry Mason stattfinden müsse. Teenager denken oft leicht über den Tod nach (deshalb haben sie auch keine Angst vorm Fliegen). Ich vermute, Ozzy dachte ähnlich darüber. Was, wir stürzen ab? Haha, na dann haben wir wenigstens noch unseren Spaß. In Wirklichkeit hatte er natürlich Angst, aber in seinem oft veränderten Bewusstseinszustand wusste oder verstand er es einfach nicht.
In der Schule diskutierten ein Freund und ich im Unterricht darüber, welcher Song von No More Tears besser sei: Mama I’m Coming Home oder der Titeltrack… Heute hat Gott beschlossen, noch eine Party zu schmeißen. Das Steinchen ist aus dem Getriebe gefallen, die Maschine dreht sich weiter.
Meinen Freunden habe ich vor einiger Zeit gesagt, dass ich nach meinem Tod unbedingt eingeäschert werden möchte und sie das bitte kontrollieren sollen. Die Asche kann man dann über der Ostsee verstreuen, wo ich jetzt lebe und wo sie auch so heißt. Genau jetzt, in diesem Moment, brauche ich zwei Minuten und vierzig Sekunden zu Fuß dorthin. Während des Verstreuens der Asche kann man Perry Mason spielen. Leise, über Kopfhörer – in Deutschland gibt es das Ruhegebot, ich möchte ja niemanden stören.
Ruhe in Frieden, Alter.